Im Alter von 6 Jahren bin ich im September 1974 in die Polytechnische Oberschule J. H. Pestalozzi in Weimar eingeschult worden. Mit einem Festakt am Samstag, in dem die Zuckertüten übergeben wurden begann für mich mein erstes Schuljahr.Ich hatte daraufhin gefiebert und mich gefreut, denn nun war ich kein Kindergartenkind mehr sondern zählte zu den Großen.
Leider begann die erste Schulwoche nur für meine Klassenkameraden, denn ich lag krank zu Hause. Vom Küchenfenster aus konnte ich sehen, wie sie im Sportunterricht über den Schulhof hopsten und ich war nicht dabei. Mein Zwillingsbruder ging in die gleiche Klasse und ich versuchte ihn, über die für mich okkulten Vorgänge in der Klasse 1b auszuquetschen. Zu meinem Leidwesen hatte er keine große Lust, mir etwas mitzuteilen und so wusste ich nicht, was dort vor sich ging.
In Woche zwei starte nun verspätet meine Schullaufbahn. Meine Mutter hat mir Zöpfe gemacht, ich hatte ein schickes Strickkleid an, dazu Kniestrümpfe und so marschierte ich mit meinem braunen Lederranzen los.
Die neuen Klassenkameraden waren im Gegensatz zu mir schon Schulprofis. Sie wussten, wie alles funktioniert und zum Glück kannte ich die meisten aus dem Kindergarten. Der Unterricht verlief spannend für mich, ich musste die Buchstaben der ersten Woche nachholen und staunte, dass einige schon fließend lesen konnten.
Nach 5 Stunden Unterricht marschierte die gesamte Klasse in den Hort. Immer zwei Schüler nebeneinander und alle hintereinander, so ging es zum etwa zehn Laufminuten entfernten Hortgebäude. Hier gab es Mittagessen, wurde Mittagsschlaf gehalten und ich lernte Frau M., unsere Hortnerin kennen.
Fr. M. war gefühlte achtzig Jahre alt und trug einen grauen Dutt. Sie war streng und lächelte nie. Kurzum, sie war mir unsympathisch, ich konnte sie nicht ausstehen. Meinen Mitschülern ging es ähnlich, wenn sie den Raum verließ, lästerten sie über sie und machten Witze.
Interessant machte diese Frau nur eines, sie trug Hut. Hüte trugen in meinen Augen damals nur uralte Omas, selbst in meiner Familie besaß keiner einen Hut. Das dunkelgrüne scheußliche Monstrum lag auf dem Tisch unseres Hortraumes und ich schielte ständig dorthin.
Der blöde Hut ließ mir keine Ruhe, noch nie hatte ich so etwas in der Hand gehabt. Wie eine Tigerin umkreiste ich den Tisch.
Der blöde Hut ließ mir keine Ruhe, noch nie hatte ich so etwas in der Hand gehabt. Wie eine Tigerin umkreiste ich den Tisch.
Als Fr. M. den Raum verließ gab es kein Halten mehr. Scheinbar ging es bezüglich des Hutmonstrums nicht nur mir so, denn meine Klassenkameraden stürzten sich auch darauf. Jeder wollte ihn aufsetzen und wir lachten, wie es sich in so einem Fall gehört jeden aus und lästerten, wie blöd er damit aussah. Nun war ich dran. Ich wusste auch ohne Spiegel, dass ich mit diesem Hut eine absolut lächerliche Gestalt abgab, lachte mich mit meinen Mitschülern darüber kaputt und machte Faxen.
In diesem Moment ging die Tür auf und Fr. M. kam herein. Mit ihrem Hut auf meinem Kopf stand ich da und guckte bedröppelt. Fr. M. und ich teilten nicht den gleichen Humor, soviel war klar und im Gegensatz zu mir und meinen Mitschülern konnte sie nicht über meinen absolut grotesken Anblick lachen. Sie lief rot an, wurde wütend und schrie rum. Ich musste den Hut abgeben und mein Hausaufgabenheft noch dazu.
Genüsslich zückte sie ihren Füller und verpasste mir einen fetten Tadel. Ich heulte Rotz und Wasser und fand es ungerecht. Alle hatten den Hut aufgehabt aber ich war erwischt worden.
In diesem Moment ging die Tür auf und Fr. M. kam herein. Mit ihrem Hut auf meinem Kopf stand ich da und guckte bedröppelt. Fr. M. und ich teilten nicht den gleichen Humor, soviel war klar und im Gegensatz zu mir und meinen Mitschülern konnte sie nicht über meinen absolut grotesken Anblick lachen. Sie lief rot an, wurde wütend und schrie rum. Ich musste den Hut abgeben und mein Hausaufgabenheft noch dazu.
Genüsslich zückte sie ihren Füller und verpasste mir einen fetten Tadel. Ich heulte Rotz und Wasser und fand es ungerecht. Alle hatten den Hut aufgehabt aber ich war erwischt worden.
Mit den schlimmsten Befürchtungen schlich ich nach Hause, denn ich benötigte die Unterschrift meiner Eltern unter dem Tadel und musste alles beichten.
Ich überlegte, wem meiner Eltern ich den Tadel unterschieben würde und entschied mich für meinen Vater. Bei ihm erwartete ich weniger Ärger und vielleicht konnte ich ihn überreden, meiner Mutter nichts zu sagen.
Es klappte, wie geplant. In einer einsamen Minute passte ich ihn ab und erzählte alles. Er schaute streng und sagte, dass so etwas unmöglich sei und verschwand mit dem Tadel zu meiner Mutter in die Küche. Das Einzige, woran ich mich jetzt noch erinnere, war schallendes Gelächter der beiden. Sie bekamen sich gar nicht wieder ein und rissen einen Witz nach dem anderen, was man mit Hüten noch alles anstellen könnte und das sie jetzt augenblicklich Lust hätten, sich auch einen Hut zuzulegen. Sogar am Abendbrottisch fragten sie sich gegenseitig, warum hier keiner einen Hut aufhätte und ich lachte auch mit.
Meine Mutter meinte zu dem Ganzen nur, dass es nicht richtig wäre, sich am Eigentum anderer zu vergreifen aber das die Geschichte keinesfalls einen Tadel rechtfertige. Und genau das schrieb sie auch als Nachricht für Fr. M.darunter.
Meine Mutter meinte zu dem Ganzen nur, dass es nicht richtig wäre, sich am Eigentum anderer zu vergreifen aber das die Geschichte keinesfalls einen Tadel rechtfertige. Und genau das schrieb sie auch als Nachricht für Fr. M.darunter.
So endete mein erster Schultag 1974 mit einem Tadel.
Polytechnische Oberschule J. H. Pestalozzi Schule in Weimar,heute Regelschule
Hallo Clarice,
AntwortenLöschendas war eine schöne Geschichte.Ja die Schulzeiten waren trotz alledem doch schön.
Oder?
Ich bin in westdeutschland zur Schule und war mit sechs eigentlich noch so klein das ich sie tatsächlich noch einmal wiederholen musste.Ich konnte noch nicht mal den Schulranzen tragen.Und spielen war eh wichtiger....
Ich hatte auch eine ganz alte Lehrerin und die aß immer so ganz dunkles Vollkornbrot und danach eine ganze tafel Vollmilchschokolade,echt jetzt und uns wollte man klar machen das Süßes nicht gut ist.Da hab ich immer gefragt warum sie das isst wo doch süßes so ungesund sein sollte.Ihre Antwort,-)Den Erwachsenen schadet es nicht.!
Im nachhinein denke ich, brauchte sie Nervennachung um uns dreiunddreisig Kinder zu ertragen.
Gerne würde ich sie noch mal treffen aber da sie da schon alt war ,denke ich das sie schon gar nicht mehr lebt.
Ich wünsche dir und deiner familie noch schöne Feiertage.
gruß
Sandra ortholf die keinen Blog hat und unter Anonym schreibt!
Laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaach.
AntwortenLöschenDas ist eine Super Geschichte... ich habe gerade so gelacht und mit dem Spruch deiner alten Lehrerin schleich ich mich nachher mal an die bunten Teller der Kinder ran. Ich weiß jetzt schon, was die antworten werden.... haha.
Vielen Dank für diesen Lacher
clarice
Wie nett, Du hast wirklich super Eltern, richtig cool für die damalige Zeit! Mich wollte man am ersten Schultag in die Griechen-Klasse stecken. Rein optisch habe ich da ja perfekt reingepasst und auch sprachlich! Ich war so schüchtern, dass ich der Lehrerin nicht geantwortet habe, da stand für sie fest, dass ich kein Deutsch kann und wohl ein Griechen-Kind sei. Wir hatten damals mehrere (sehr nette) griechische Gastarbeiterfamilien am Ort und die Kinder wurden da besonders gefördert, damit sie leichter deutsch lernen konnten. Irgendwann bin ich dann wohl aufgrund meines Schülerbogens da wieder rausgeflogen und in meiner richtigen Klasse gelandet.
AntwortenLöschenκαληνύχτα äh Gute Nacht ;-)
keto
ach gottchen, das ist ja n hammer. solche erfahrungen vergisst man nie. lehrer können ganz schön fies sein...
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